Pratergeschichte

Von damals bis heute

Pratergeschichte

Wurstelprater und Wiener Prater haben eine lange, abwechslungsreiche Vergangenheit. Die folgende Geschichte soll dir einen guten Überblick über die Entwicklung geben. Illustriert ist sie mit wunderbaren, historischen Postkarten.

Der Wiener Prater wird erstmals 1162 unter dem Namen Pratum in einer Schenkungsurkunde vom Kaiser Friedrich I. Barbarossa an Konrad de Prato erwähnt. Pratum ist lateinisch und bedeutet Wiese oder Weide. Im Jahre 1403 wird das Gebiet in einer Urkunde dann als Pratter bezeichnet – diese Schreibweise hält sich in Wien noch lange.

Es werde eine Kastanienallee

16. Jahrhundert
König Ferdinand I. veranlasst im Jahre 1537 das Anlegen einer großen Kastanienallee. Diese soll vom heutigen Praterstern bis hin zum damaligen Jägerhaus reichen, das 1555 am Ende der Hauptallee fertiggestellt wurde. 1560 wird das gesamte Gebiet ein kaiserliches Jagdrevier, in dem Fasane, Rehe, Hirsche, Wildschweine und auch Füchse gejagt werden.

Das Fußvolk muss draußen bleiben

17. Jahrhundert
Auch im nächsten Jahrhundert ist der Prater noch immer nicht öffentlich zugänglich, jedoch bekommt nun auch der hohe Adel Zutritt. Mit dem Wagen darf die Hauptallee – ausschließlich – im Monat Mai befahren werden, Aussteigen ist aber wohlgemerkt strengstens verboten. Da es zu dieser Zeit noch keine öffentlichen Vergnügungsorte gibt, wird das Stadtgut* – das grüne Areal vor dem Prater – von den Wiener*innen genutzt.

Der lustige Hanswurst

Im Mai 1603 eröffnet Michael Ainöther inmitten des Stadtguts* das Praterwirtshaus, das auf Grund des großen Andrangs noch im Sommer desselben Jahres vergrößert werden muss. Viele Jahre später ist das einstige Wirtshaus zu einem richtigen Vergnügungsareal angewachsen und besteht nun aus mehreren Wirtshäusern, Kegelbahnen, einfachen Kleinkunstbühnen, Schaukeln und auch Puppentheatern für Kinder. In letzteren spielt der lustige Hanswurst die Hauptrolle – nach diesem wird später auch der Wurstelprater benannt.

* An das ehemalige Stadtgut erinnern heute noch die Kleine und die Große Stadtgutgasse, die sich im Areal zwischen Praterstern und Augarten befinden. 

Ein Erholungsgebiet für alle

18. Jahrhundert
Als Mitregent von Maria Theresia öffnete Kaiser Joseph II. den Prater am 7. April 1766 für alle Bewohner*innen Wiens als Erholungsgebiet. Nur der hinterste Teil, die Hirschau, bleibt in kaiserlichem Besitzt und wird für die Zucht von Rehen, Edel- und Damhirschen genutzt. Als ein Kavalier den Kaiser darauf aufmerksam macht, dass sich dieser von nun an unter das gemeine Volk mischen müsste, erwidert Seine Majestät trocken: “Wenn ich stets unter meinesgleichen herumwandeln wollte, dürfte ich nur in der kaiserlichen Gruft spazieren gehen.”

Ab dem 19. April 1766 dürfen sich neben den bereits existierenden Wirtshäusern vor dem Eingang zum Prater weitere Betriebe – wie z.B. Wein- und Bierwirte, Kaffeesieder, Lebzelter, Fleischselcher und auch eine Krapfenbäckerin – ansiedeln, die sogleich alle durchnummeriert werden. Dies markiert den „offiziellen“ Beginn des Wurstelpraters. Während sich hier hauptsächlich einfachere Bürger, Handwerker und Soldaten herumtreiben, zieht der Adel das Lustwandeln auf der Hauptallee vor.

Am 24. Mai 1771 wird das erste Feuerwerk von Johann Georg Stuwer im Prater abgefeuert. Die meisten der folgenden Feuerwerke finden auf dem Areal des heutigen (nach seiner Familie benannten) Stuwer-Viertels statt – bis zu 25.000 Zuschauer*innen sind jeweils mit dabei.

Der Praterstern

Im Jahre 1780 wird im Auftrag von Kaiser Joseph II. ein riesiger Platz vor dem Prater angelegt – der Praterstern. Damit ist der Prater von allen Richtungen noch besser erreichbar. Zwei Jahre später ist der angrenzende Wurstelprater weiter angewachsen. Unter den Objekten befinden sich Wirtshäuser, Ringelspiele, Schießbuden, Kegelbahnen, die Optica Nova – eine einfache Camera Obscura (Lochkamera) – und eine Hütte, in der mechanische Vögel zu bewundern sind.

Der Prater wird zum Festort

19. Jahrhundert
Am 1. Mai 1814 findet erstmals das große Wiener Frühlingsfest statt. Vor bis zu 30.000 Schaulustigen wird eine beeindruckende Wagenparade privater und öffentlicher Kutschen zelebriert. Auch das Geburtstagsfest von Kaiser Franz Joseph I. und die Vermählung von Kaiser Franz Joseph I. mit Elisabeth werden mit fulminanten Festen im Prater gefeiert. Bei zahlreichen von Johann Strauß abgehalten Volksfesten treten Komponisten wie z. B. Eduard Strauß, Hans Makart und Carl Michael Ziehrer im ersten, zweiten und dritten Kaffeehaus auf.

Dank des technischen Fortschritts wird das Unterhaltungsangebot im Wurstelprater immer vielfältiger. In den 1840er Jahren baute der in Triest geborene Basilio Calafati das erste Eisenbahnkarussell. 1854 erweitert er es um die Figur des großen Chinesers, die (in Form einer Nachbildung – das Original wurde im zweiten Weltkrieg zerstört) bis heute als Calafati im Wurstelprater steht und zu einem Wahrzeichen geworden ist. Viele Schausteller und Techniker aus allen Teilen der österreichisch-ungarischen Monarchie verwirklichen zu dieser Zeit ihre Ideen im Wurstelprater.

1871 ist ein einschneidendes Jahr für den Prater, denn er wird für die 1873 stattfindende Weltausstellung völlig neugestaltet. Die Umgestaltung betrifft hauptsächlich den Wurstelprater, Architekt ist Lothar Abel. Straßen und Wege werden asphaltiert, Gasbeleuchtung installiert. Auch zahlreiche Hütten und Unternehmungen werden abgerissen – unter anderem auch das Feuerwerksgebäude der Familie Stuwer, wodurch deren 100-jährige Feuerwerkstradition zu einem Ende kommt. Im Zuge der Neugestaltung bekommt der Wurstelprater den Namen Volksprater, welcher auch heute noch die amtliche Bezeichnung für den Wurstelpraters ist.

Am 1. Mai 1890 zieht erstmals die Arbeiterschaft in den Prater, um den arbeitsfreien Tag mit der Familie in der Natur zu feiern – es werden an die 70.000 Menschen gezählt. Diese Tradition wird bis heute weitergeführt.

Das Wiener Riesenrad

1895 wird im Kaiserpark einer der ersten Themenparks eröffnet: Venedig in Wien. Der Theaterdirektor Gabor Steiner pachtet das Areal und lässt gemeinsam mit dem Architekten Oskar Marmorek Wasserkanäle anlegen, die mit Schaustellerbuden und diversen Vergnügungsmöglichkeiten gesäumt werden. Am Rande seines Venedigs lässt Steiner von den Architekten Walter Bassett Basset und Harry Hitchins das Riesenrad erbauen.

1897 wird das Riesenrad dann zur Feier des 50. Thronjubiläums Kaiser Franz Josefs I. feierlich eröffnet. Mit seinen 30 Waggons gilt es als eines der größten Riesenräder der Welt. Eigentlich wollte Steiner es nur einige Jahre stehen lassen, doch dafür wurde es viel zu erfolgreich – bereits im ersten Jahr seines Betriebs hat das Riesenrad mehr als 200.000 Fahrgäste.

Im 2. Weltkrieg wird das Riesenrad fast völlig zerstört. Nach dem Wiederaufbau wird es nur mehr mit 15 Waggons ausgestattet, denn man ist sich nicht sicher, wie sehr die Stabilität unter den Angriffen gelitten hat. Bis heute befindet sich das Riesenrad in Privatbesitz, nachdem es 1953 an die rechtmäßigen Erbinnen Steiners restituiert wird.

Neues muss her

20. Jahrhundert
1901 hat das Venedig in Wien ausgedient und wird trockengelegt. An seiner statt wird die Internationale Stadt errichtet, in der Besucher*innen durch spanische, ägyptische und japanische Straßen spazieren können. Ein Jahr später wird sie komplett zur Blumenstadt umgestaltet und im Jahr darauf zur Elektrischen Stadt.

Ab 1904 sperren im Wurstelprater hintereinander fünf Kinos auf. 1909 wird die erste Hochschaubahn gleich hinter dem Riesenrad erbaut, 1931 das Praterstadion eröffnet und 1933 eine der weltweit ältesten Geisterbahnen – Das Geisterschloss von Friedrich Holzdorfer.

Die Liliputbahn

Die Liliputbahn geht erstmals 1928 in Betrieb. Tragischerweise erlebt der Initiator des Projektes die Eröffnung nicht – er stirbt vier Wochen davor. Zunächst fährt die Liliputbahn eine Strecke von 2,5km ab, wird 1933 aber auf 3,9 Kilometer bis hin zur heutigen Station „Stadion“ verlängert.

Der 2. Weltkrieg

Zu Beginn des 2. Weltkriegs werden einige Praterbetriebe von den Nationalsozialisten arisiert – darunter auch das Riesenrad. In den letzten Tagen des 2. Weltkriegs – Anfang April 1945 – wird der Wurstelprater bei der Schlacht um Wien dann durch Bomben und Brände weitestgehend zerstört.  Nur 18 Gebäude bzw. Attraktionen bleiben weitestgehend unversehrt.

Nach Kriegsende löst die Stadt Wien alle bestehenden Pachtverträge auf und regelt die Bestandsverhältnisse neu – im Sinne der Entnazifizierungsgesetzte. Man entschließt sich für einen Wiederaufbau.

Der Wiederaufbau

Um den Wiederaufbau des Wurstelpraters zu finanzieren, werden im Jahr 1946 unter dem Motto „W W W – Wieder Wiener Wurstelprater“ Spenden gesammelt. Bereits zu Pfingsten 1947 dreht das Riesenrad wieder seine Runden, jedoch wird es dauern, bis an den Erfolg vor dem 2. Weltkrieg angeschlossen werden kann.

Mitte des 20. Jahrhunderts werden die ersten Flipper und Glücksspielautomaten im Wurstelprater aufgestellt. 1964 wird das Planetarium beim Riesenrad wiedereröffnet, nachdem sein Vorgänger im Weltkrieg zerstört wurde. In den 70er Jahren kommen die ersten Computerspiele in den Wurstelprater und moderne Hydraulik und Pneumatik ermöglicht den Bau neuer Fahrgeschäfte.

Neu ist nicht immer besser

21. Jahrhundert
Anlässlich der Fußball-Europameisterschaft im Jahre 2008 werden die Gebäude rund um den Riesenradplatz neugestaltet. Das neue Design des Architekten Emmanuel Mongon ist nicht ganz unumstritten – die Fassaden werden in 2D-Optik im Stile der 1900 Jahre gestaltet. Sie beherbergen Gastronomiebetriebe, unterschiedliche Shops und Attraktionen.

Im selben Jahr eröffnet am Rande des Riesenradplatzes die größte Diskothek Österreichs – der Praterdome.

Und heute?

Jedes Jahr entstehen weitere, neue, spannende Attraktionen im Wurstelprater. In den letzten Jahren wird hierbei – vor allem in der Gastronomie – immer mehr auf Nachhaltigkeit gesetzt. Trotz aller Veränderungen, Weiterentwicklungen und Neuerungen hat der Wurstelprater nie seinen Charme, seine Vielfalt und seine Skurrilität verloren.

In unserer Galerie siehst du den Wurstelprater, wie er heute aussieht – bunt, vielfältig und mit ganz viel Wiener Charme.

Wenn du noch mehr Eindrücke von früher haben möchtest, empfehlen wir dir einen Besuch der Website prater.topothek.at. Hier findest du eine beeindruckende Sammlung an historischen Fotos und Zeichnungen, die sogar örtlich zugeordnet sind.